31.1.22 |
Studenten- und Hochschulpfarramt in Hamburg (Hamburg, Nordelbien und Nordkirche) |
1931-2018 |
1. Geschichte der Evangelischen Studentengemeinde in Hamburg Die Hamburger Studierendengemeinde entwickelte sich 1938 aus mehreren Vorläuferorganisationen, wie der Deutschen Christlichen Studentenvereinigung (DCSV) und der Deutsch Christlichen Studentinnen Bewegung (DCSB), die alle unabhängig von der Landeskirche waren. Als diese Organisationen 1938 aufgelöst wurden, wurde noch in demselben Jahr gemeinsam mit Studentengruppen der Bekennenden Kirche die Evangelische Studentengemeinde gegründet. Ein Jahr später wurde der Pastor Heinz Mülbe vom Bischof Tügel zur geistlichen Betreuung der Studentenarbeit berufen. An seiner Seite stand die Vikarin Marianne Timm, welche die Leitung der jungen Studierendengemeinde aufgrund des Kriegseinsatzes des Pastors bald übernahm und dafür sorgte, dass Bibelstunden und Hauskreise weiterhin stattfinden konnten. Nach Kriegsende wurde 1945 schließlich Horst Bannach als Studentenpastor eingesetzt, Vikarin Marianne Timm wechselte an die Evangelische Akademie. So entstand aus einer studentischen Laienbewegung eine kirchlich einzigartige Struktur, die zugleich landeskirchlich eingebunden war. Als Leitmotive der ESG kristallisieren sich an den späten 1940er Jahren die ökumenische Bewegung und die Mission heraus. Ab 1963 war mit Pastor Ulrich Finck erstmals auch ein eigenes Pfarramt für die ESG-Seelsorge an den Hamburger Fachhochschulen besetzt. In den 1960ern entstand zunehmend eine Arbeit für internationale Studierende, sodass 1964 mit Eberhard le Coutre der erste Pastor für ausländische Studierende berufen wurde. Es entwickelte sich als ein Teilbereich der ESG die ESG International, die sich für die Belange von ausländischen Studierenden einsetzte, sie beriet und Beihilfen für Bedürftige verteilte. Damit gab es im Jahr 1965 vier volle Pfarrstellen in der ESG Hamburg. Während der Studentenunruhen 1968 politisierten sich auch viele ESG-Mitglieder. Es entstanden Arbeitsgruppen, die mehr Mitsprache an der Universität forderten. Zum Konflikthöhepunkt kam es jedoch, als 1973/74 zwei Blutspendeaktionen für Nordvietnam und den südvietnamesischen Vietcong in Martin-Luther-King-Haus der ESG durchgeführt wurden und auch anderweitig einige ESG-Mitglieder sich mit den linksextremen Milieu solidarisierten, in dem z.B. Häftlinge der RAF unterstützt wurden. Infolgedessen brach ein offener Konflikt mit der Kirchenleitung aus. Das finanzielle Budget wurde gekürzt, die Räume im Martin-Luther-King-Haus reduziert, der Pastor Hartmut Winde versetzt und die ESG als Studentengemeinde aufgelöst. Als das Martin-Luther-King-Haus aus Protest gegen die Maßnahmen von Studenten besetzt wurde, ließ die Kirchenleitung das Gebäude durch einen Polizeieinsatz räumen. In den Folgejahren wurde die ESG umstrukturiert und mit einem Hochschulpfarramt unter der Aufsicht des Kirchenamtes ausgestattet. Ihre frühere Größe erreichte die ESG nicht mehr. 1976 wurde in der ESG die studentische Telefonseelsorge gegründet, deren Angebot deutschlandweit einzigartig ist. Hier werden Studenten für die Seelsorge von Studenten ausgebildet und eingesetzt. Im Jahr 1987 trat mit Martina Gelhaar zum ersten Mal in der Geschichte der ESG Hamburg eine Frau als Pastorin ihr Amt an. Als 2008 der Pastor Johannes Martin Speck-Ribbat nach sechzehn Jahren die ESG International verließ, wurde seine Stelle gestrichen, und die Existenz der ESG International als ein eigenständiger Teilbereich wurde beendet. Die Beratung ausländischer Studierender ist jedoch weiterhin ein wichtiger Teilbereich der ESG.
2. Pastorinnen und Pastorinnen der ESG Hamburg ab 1938
1938- 1948/49 Vikarin Marianne Timm 1939-1940 Pastor Dr. Heinz Mülbe 1945-1949 Pastor Horst Bannach 1950-1953 Pastor Dr. Hans Rudolf Bolewski 1954-1960 Pastor Carl Malsch 1958-1958 Pastor Dr. Hartmut Sierig 1960-1964 Pastor Dr. Hermann Ringeling 1960-1964 Pastor Justus Freytag 1969-1964 Pastor Eberhard le Coutre 1963-1970 Pastor Ulrich Finckh 1964-1967 Pastor René Leudesdorff 1964-1969 Pastor Erich Boyens 1964-1969 Pastor Dr. Hans Martin Pfeiffer 1969-1976 Pastor Hartmut Winde 1970-1978 Pastor Dr. Wolfgang Wiedenmann 1970-1975 Pastor Dr. Wilhelm Pressel 1976-1982 Pastor Dr. Uwe Böschmeyer 1977-1980 Pastor Ernst-Erwin Pioch 1978-1983 Pastor Michael Sebald 1979-1986 Pastor Alexander Kaestner 1980-1991 Pastor Peter Kruse 1982-1993 Pastor Jürgen Strunk 1987-1997 Pastorin Martina Gehlhaar 1992-2008 Johannes Martin Speck-Ribbat 2006-2016 Pastorin Vivian Wendt 2017- Heute Pastor Christoph Jaeger 2014- Heute Pastorin Gisela Groß-Ikkache |
a. Archivische Bearbeitung Der Bestand wurde im Frühjahr 2004 von Maike Schulken und im Jahr 2012 von Niklas Dürbrook in den Räumen des Landeskirchlichen Archivs Kiel im Archivprogramm AUGIAS erschlossen. Von Juli bis Dezember 2020 erschloss Deborah Rohne mit ACTApro die Nummern 193-475. Die 2004 erarbeitete Klassifikation wurde 2013 und 2020 aufgrund von weiteren Teillieferungen erweitert. Orientiert wurde sich herbei an der von der Provenienz genutzten Ordnung.
b. Bestandsgeschichte Der Bestand 31.1.22 Studenten- und Hochschulpfarramt wurde dem Landeskirchlichen Archiv Kiel in mehreren Teilablieferungen übergeben (2001, 2005, zweimal im Jahr 2008 von der ESG International, und zweimal 2019). Bereits im Jahre 1978 hatte das Kirchenarchiv Hamburg einen Aktenbestand der ESG Hamburg übernommen, ihn aber wenige Monate später wieder zurückgegeben; über den Verbleib dieser Unterlagen ist nichts bekannt. Eine Auflistung des damals vorhandenen Schriftguts wird in der Registratur verwahrt (Az. 984.13.54).
Der Bestand besteht aus Material zu Veranstaltungen, Akten der Allgemeinen Verwaltung und der Leitungsgremien und Arbeitskreise sowie die einzige studentische Telefonseelsorge Deutschlands. Von dieser ist eine große Anzahl von Gesprächsprotokollen der geführten Telefonate seit der Gründung 1976 übernommen worden.
Der Bestand enthält auch Schriftgut der ESG international. Der inhaltliche Schwerpunkt stellen hierbei die Studienförderung und die Stipendien dar, wobei ein Großteil der Akten personenbezogenes Material erhält.
Für diesen Bestand gibt es ein Findbuch in einer externen Version für die Benutzerinnen und Benutzer und in einer internen Version. Die interne Version erhält zusätzlich personenbezogene Einzelfallakten zu Stipendien und Studienförderungen. Die Archivguteinheiten sind für die Mitarbeitenden des Landeskirchlichen Archivs in der Archivdatenbank recherchierbar.
3. Hinweise auf andere Bestände; Literaturangaben a. Es kann auch in folgenden Beständen Archivgut gefunden werden: LKANK, 16.10.1 Ausschuss für kirchliche Weltdienste (Nordelbien) [Informationen zu KED-Stipendien im Bestand] LKANK, 16.14, Bischof für Hamburg (Nordelbien) LKANK, 31.1.23 Evangelische Studierenden-Gemeinde Kiel (Nordelbien und Nordkirche) LKANK, 31.1.24 Studentenpfarramt in Lübeck (Lübeck, Nordelbien und Nordkirche)
Archiv des Hamburger Instituts für Sozialforschung, SBe 650/S 001 Evangelische Studentengemeinde (Archiv des Hamburger Instituts für Sozialforschung, Mittelweg 36, 20148 Hamburg)
b. Literaturangaben (Auswahl): Göksu, Cornelia: Begleitung in der Fremde. 50 Jahre ESG International, Norderstedt 2008
1938-1988. 50 Jahre Evangelische Studentengemeinde. Versuch einer Spurensicherung, hrsg. von der Evangelischen Studentengemeinde Hamburg, Hamburg 1989 |