Wolfgang Grell wurde am 1.9.1924 in Hamburg geboren. Nach einem Studium in Kiel, Heidelberg und Bethel wurde er 1951 in Kiel ordiniert. Anschließend war er Provinzialvikar, ab 1952 Pastor in Meldorf, bis er 1959 Pastor in Oeversee wurde. 1972 wechselte er an die Christuskirchengemeinde in Hamburg-Wandsbek, wo er bis zu seiner Emeritierung 1986 blieb. Grell war bis Ende der 1960er ein eher konservativer Theologe, Alter Herr seiner einstigen Studentenverbindung Kieler Wingolf, Mitglied der Flemhuder Theologischen Konferenz, im Vorstand des Kirchbauvereins und Mitglied im Flensburger Rotary Club war. 1966-1972 war er Mitglied der schleswig-holsteinischen Landessynode, die ihn 1970 in die Verfassunggebende Synode der Nordelbischen Kirche wählte, der er bis 1976 angehörte.
Ende der 1960er Jahre wandelte sich Grell und schloss sich - stark inspiriert von Dorothee Sölle - der Modernen Theologie an. Gleichzeitig politisierte er sich ab 1967 und provozierte mit seinen Stellungnahmen zahlreiche innerkirchliche Kontroversen und mehrere gegen ihn eingeleitete Amtszuchtverfahren. Seit seinem Wechsel an die Christuskirche in Hamburg-Wandsbek gelangte er in das politische Milieu der sogenannten Neuen Linken und engagierte sich stark in verschiedenen innerkirchlichen Oppositionsgruppen. Im allgemeinpolitischen Bereich engagierte er sich insbesondere im Einsatz für die Inhaftierten der Roten Armee Fraktion (RAF) und die Verbesserung ihrer Haftbedingungen. Die kurz vor seiner Emeritierung gegründete Solidarische Kirche begleitete er intensiv bis zu ihrer Auflösung kurz nach der Jahrtausendwende.
Er starb am 28.4.2010 in Hamburg. |
a. Archivarische Bearbeitung Der Bestand wurde 2006 von Stephan Linck erschlossen. Ein Nachtrag wurde 2010 von Michael Kirschke bearbeitet (Nr. 231-240) und 2023 von Ulrich Stenzel (Nr. 241-247). Es sind 12,6 lfd. Meter erschlossen.
b. Bestandsgeschichte 2006 übergab Wolfgang Grell auf Initiative der Pastoren Ulrich Hentschel und Theo Christiansen sein Privatarchiv dem Nordelbischen Kirchenarchiv. Es wurde ein Depositalvertrag abgeschlossen. Nach dem Tod von Grell ging das Eigentum am Bestand auf das Archiv über.
Dieses Archiv enthält Dokumente, die die innerkirchliche Opposition im Bereich der Nordelbischen Kirche seit den 1960er Jahren beleuchten. Die zahlreichen privaten Schriftwechsel, die Grell parallel zu seinen Auseinandersetzungen mit vielen kirchlichen Würdenträgern führte, bieten wichtige Hintergründe über die Entstehung und den Verlauf etlicher Konflikte. Gleichzeitig bietet die Sammlung Grells viele Informationen über das Engagement kirchlicher Gruppen bzw. Mitarbeiter im Bereich der Neuen Linken bzw. der Neuen sozialen Bewegungen nach 1968. Wolfgang Grell hat sein Archiv im Laufe seines Lebens in unterschiedlichen Systematiken geführt. So hat er beispielsweise bis in die 1970er Jahre die Predigten nach den Predigtsonntagen abgelegt, später hingegen chronologisch. Die Sortierung der Themenordner wechselte ebenfalls, in späteren Jahren wurde eine breitere Themenpalette jeweils Jahrgangsweise abgelegt. Die Beschriftungen waren entsprechend unterschiedlich präzise und bei bestimmten Themen, wie RAF, absichtlich irreführend. Zur Information wurden die ursprünglichen Aktentitel im Feld ‚Von Grell vergebener Titel notiert. Des Weiteren hat Grell begonnen, seine Akten mit Signaturen zu versehen und die darin enthaltenen Dokumente jeweils zu paginieren und in einem Register einzeln zu verzeichnen. Im Register (Nr. 1) sind also alle Archivalien derjenigen Akten, die im Feld Alte Archivsignatur eine Signatur haben, einzeln aufgelistet (gilt nicht für alle Signaturen; insbesondere Doppelbuchstaben sind nicht erfasst).
Hinweise zur Recherche Die vorgenommene Klassifizierung ist nur als eingeschränktes Hilfsmittel bei der Recherche zu sehen, da sich die Themen bzw. Schwerpunktsetzungen vielfach kaum trennen lassen. Hier wurde sich bemüht in grober Folge der Grellschen Sortierung zu arbeiten.
Aus arbeitsökonomischen Gründen wurde keine Indizierung vorgenommen. Stattdessen fand eine umfangreiche Erfassung des jeweiligen Akteninhaltes statt, so dass über Themenstichworte recherchiert werden kann. Es wird empfohlen, jeweils die Stichworte zu variieren bzw. weitere Stichworte aus den ermittelten Datensätzen für eine zusätzliche Recherche aufzunehmen, bspw. ‚Friedensbewegung mit ‚Antimilitarismus oder ‚gewaltfrei zu ergänzen. Die namentliche Erfassung von Einzelpersonen fand jeweils nur exemplarisch statt. Beispielsweise ergibt die Recherche beim Namen ‚Jörgen Sontag, dass dieser Mitglied der Flemhuder Theologischen Konferenz (bzw. Flemhuder Konferenz) war. Entsprechende Unterlagen betreffen im jeweiligen Fall auch seine Person. Bei einer Personenrecherche wird also vielfach lediglich einmal der Name auf einer Mitglieder- bzw. Teilnehmerliste eines Kreises / einer Gruppierung ausgeworfen. Eine weitere Recherche nach dieser Gruppierung wirft entsprechend mögliche weitere Fundstellen diese Person betreffend aus. Dieses Verfahren wurde bei der Vielzahl von Kreisen und Gruppen, in denen Grell aktiv war bzw. von denen er Protokolle und Rundschreiben sammelte, gewählt. Im Einzelnen waren dies die folgenden sich in Form, Inhalt und Zielsetzung teilweise überschneidenden, teilweise erheblich unterscheidenden Gruppen und Kreise:
Flemhuder theologische Konferenz Gegen den Strom (GdS) Redaktion Hamburger Initiative kirchlicher Mitarbeiter und gewaltfreie Aktion (Hikmuga) Kirchliche Bruderschaft Nordelbische Initiative zum Fall des Vikars Tröber Nordelbischer Arbeitskreis Kirche (NAK) Nordelbisches Forum Kirche Christen für die Abrüstung Christen für den Sozialismus Christen in der Verantwortung Rabenhorster Solidarische Kirche Team (Flensburger) Wahlstedter Gespräche
3. Hinweise auf andere Bestände; Literaturangaben
a. Hinweise auf andere Bestände keine
b. Literaturangaben Linck, Stephan: Als im Kirchenamt die Hölle los war: Wolfgang Grell. Ein Pastorenleben zwischen Rotariern und RAF. Schneverdingen, Knesebeck: Selbstverlag, 2009 Linck, Stephan: Neue Anfänge? Der Umgang der evangelischen Kirche mit der NS-Vergangenheit und ihr Verhältnis zum Judentum. Die Landeskirchen in Nordelbien, Band 2: 1965-1985. Kiel: Lutherische Verlagsgesellschaft, 2016. |