1. Geschichte der Kirchenleitung der Nordelbischen Ev.-Luth. Kirche
Hatte die Bildung der Landeskirche Schleswig-Holsteins 1924 noch eine Revolution bedeutet, weil sie eine Ablösung von der gewohnten hierarchischen Unterstellung unter die weltliche Gewalt bedeutete, so war die Bildung der Nordelbischen Ev.-Luth. Kirche 1977 insofern eine Revolution, als die historischen landeskirchlichen Grenzen gesprengt wurden. Mittelbarer Auslöser für die Diskussionen zur Bildung einer größer angelegten Kirchenorganisation in Norddeutschland war die Bildung der heutigen Freien und Hansestadt Hamburg 1937, die über die landeskirchlichen Grenzen hinausgriff. Der langwierige Prozess, der nach mehreren Unterbrechungen 1970 in den Vertrag über die Bildung der Nordelbischen Ev.-Luth. Kirche (NELK) und die Bildung einer Verfassunggebenden Synode mündete, macht deutlich, dass zum Teil sehr unterschiedliche Traditionen zu bündeln waren. Zugleich machten sich Bemühungen bemerkbar, den Demokratiegedanken stärker in der neuen Kirchenorganisation zu verankern.
Vorläufige Kirchenleitung Während der Beratungen in der Verfassunggebenden Synode von 1970 bis 1976 bestanden die Landeskirchen Eutin, Hamburg, Lübeck und Schleswig-Holstein weiterhin als eigenständige Landeskirchen. Zur Koordination wurde ein "Rat der Nordelbischen Kirche" gebildet, in dem vor allem die Kirchenleitungen sich abstimmten. Die Nordelbische Kirche (NEK) trat schließlich erst 1977 real existierend in das Leben. Für den Übergang nach dem 1. Januar 1977, als die alten Landeskirchen aufgehört hatten zu existieren und in der NEK aufgegangen waren, die neue Kirchenleitung aber noch nicht gewählt worden war, hatte das Einführungsgesetz zur Verfassung eine "Vorläufige Kirchenleitung" vorgesehen (§ 26), die zum 1. Januar gebildet wurde und sich zusammensetzte aus: - Mitgliedern des Rats der NEK - allen weiteren Bischöfen, soweit sie nicht dem Rat der NEK angehörten - je einem Mitglied der Kirchenleitungen der beteiligten Landeskirchen sowie des Kirchenkreisvorstands Harburg.
Die Vorläufige Kirchenleitung nahm die Amtsgeschäfte am 4. Januar 1977 auf.
1. Kirchenleitung Die erste Wahl der Kirchenleitung war vom Einführungsgesetz für die zweite Tagung der Synode der NEK vorgesehen, wobei sie eine Wahl auf einer späteren Tagung offen ließ (§ 25). Die Wahl wurde auch tatsächlich erst auf der zweiten Tagung am 22.07.1977 durchgeführt. Ergänzend zu den Bestimmungen der Verfassung gebot das Einführungsgesetz, dass mindestens je ein Mitglied aus den Gebieten der Kirchenkreise Alt-Hamburg, Eutin, Harburg und Lübeck sowie der Landeskirche Schleswig-Holstein kommen musste. So musste das Wahlergebnis insoweit ignoriert werden, als Propst Stein (Harburg) Mitglied der Kirchenleitung wurde, obwohl er nicht die erforderliche Stimmenzahl erreicht hatte. Mit der Konstituierung der gewählten Kirchenleitung hatte die Vorläufige Kirchenleitung ihre Aufgabe beendet. Damit war im Bereich der Kirchenleitung der Übergangsprozess abgeschlossen.
Aufgaben Die Verfassung war im Aufgabenkatalog für die Kirchenleitung ähnlich angelegt wie die Rechtsordnung 1958. Allerdings bestand ein gravierender Unterschied darin, dass die Nordelbische Kirche gemeinsam von Synode, Kirchenleitung und Bischöfen in gemeinsamer Verantwortung geleitet wurde (Art. 65). Die Abgrenzung warf immer wieder Probleme auf und bedurfte einer ständigen Justierung . Die Aufgaben der Kirchenleitung im Einzelnen waren in den Art. 78 - 83 festgelegt. So hieß es in Art. 78, dass die Kirchenleitung die Nordelbische Kirche im Rahmen der Gesetze und der Beschlüsse der Synode leitet und im kirchlichen und öffentlichen Leben vertritt. Durch Art. 67 war die Synode auf "Kundgebungen an die Öffentlichkeit" beschränkt. In Rechtsangelegenheiten handelte die Kirchenleitung durch den Vorsitzenden sowie einem weiteren Mitglied der Kirchenleitung. Insgesamt kann der Aufgabenkatalog mit den Eckpunkten beschrieben werden, dass die Kirchenleitung die Nordelbische Kirche leitete, zu kirchlichen und allgemeinen Fragen Stellung nahm, die Nordelbische Kirche vertrat und die Aufsicht über das Nordelbische Kirchenamt wahrnahm. Die Kirchenleitung erließ die Rechtsverordnungen und bereitete Vorlagen für die Synode vor. Ein Teil der Aufgaben waren an das Nordelbische Kirchenamt delegiert, das jedoch nur ausführen und keine Leitungsfunktion für die Nordelbische Kirche wahrnehmen konnte. Der Aufgabenkatalog der Kirchenleitung war zum Einen stetig erweitert, zum Anderen detaillierter bestimmt worden. So soll sie sich u.a. auch mit den dienstrechtlichen Angelegenheiten der Pastoren und Kirchenbeamten befassen, wiewohl dem Nordelbischen Kirchenamt die Aufgaben zu diesem Punkt im Ganzen oder zum Teil übertragen werden konnten.
Die Kirchenleitung wurde von der Synode gewählt - mit Ausnahme der drei Bischöfinnen und Bischöfe, die kraft Amtes stimmberechtigtes Mitglied der Kirchenleitung sind. Die übrigen Mitglieder der Kirchenleitung mussten Synodale sein. Bei der Zusammensetzung musste beachtet werden, dass von den zehn gewählten Mitgliedern insgesamt drei aus der Gruppe der Pastoren und der Gruppe der Mitarbeiter kommen müssen. Beide Gruppen wiederum mussten mit mindestens je einem Mitglied vertreten sein. Die Kirchenleitung wurde zu Beginn jeder neuen Legislaturperiode auf der dritten Synode (Tagung) gewählt (Art. 84 Abs.4). Der Präsident oder die Präsidentin der Synode konnte, der Präsident oder die Präsidentin des Nordelbischen Kirchenamts musste teilnehmen. Beide hatten jedoch kein Stimmrecht. Damit war das Prinzip der Trennung von Leitung und Verwaltung im Gegensatz zu anderen Landeskirchen strikt verwirklicht. Den Vorsitz nahm stets ein Bischof oder eine Bischöfin wahr, seine Stellvertreter mussten nicht Theologen sein. Freilich war bisher nur einmal ein Nichttheologe stellvertretender Vorsitzender (Dr. Leverkus 1977). Zeitweilig wurde im Vorsitz ein Rotationsmodell durchgeführt, nämlich in der 3. Kirchenleitung 1986 - 1992.
In der Folgezeit wurden die die Kirchenleitung betreffenden Verfassungsartikel öfter geändert , wodurch sich aber der Aufgabenkatalog nicht wesentlich änderte. Bedeutsam war aber, dass das Mitglied des Konvents der Pröpstinnen und Pröpste, das zur ständigen Vertretung des jeweiligen Bischofs oder der jeweiligen Bischöfin bestimmt war, mit Stimmrecht in der Kirchenleitung teilnahm, wenn der Bischof oder die Bischöfin verhindert war. Die Stellung der Bischöfe wurde auch dadurch gestärkt, dass nun auch ein Bischof oder eine Bischöfin die Einberufung der Kirchenleitung verlangen konnte (Art. 87 Abs. 1).
Die Vorläufige Kirchenleitung gab sich auf der ersten Sitzung am 4. Januar 1977 eine Geschäftsordnung. Nach Konstituierung der 1. Kirchenleitung galt sie wohl de facto weiter. 1990 jedoch wurde einen neue Geschäftsordnung erlassen, wie sie inzwischen nach einer Änderung des Art. 120 der Verfassung 1994 verlangt wurde. Hier war u.a. festgelegt, dass die Sitzungen der Kirchenleitung nicht öffentlich sind.
2. Liste der Mitglieder der Kirchenleitung
Die folgende Liste beruht auf den Angaben im Gesetz- und Verordnungsblatt der Nordelbischen Kirche, den Synodenprotokollen der Nordelbischen Kirche und den Sitzungsprotokollen der Kirchenleitung. Die Angaben mussten aus den aufgeführten Quellen kompiliert werden. Daher ist es auch nicht immer möglich gewesen, mit einem vertretbaren Aufwand festzustellen, wann ein Mitglied ausschied und ein anderes nachrückte.
Aufgezählt werden nur die stimmberechtigten Mitglieder der Kirchenleitung, nicht ihre Stellvertreter.
Vorläufige Kirchenleitung (gebildet zum 1. Januar 1977) Dr. Burkhard Baring Pastor Detlef Bendrath Dr. Erich Carus Propst Heinz Deiseroth Hans-Rolf Dräger Herbert Dreßler Peter-Paul Floerke Oberkirchenrat Ulrich Heine Bischof Dr. Friedrich Hübner Dr. Hans Langeloh Bischof Alfred Petersen (Vorsitzender) Pastor D.Dr. Martin Pörksen Pastor Richard Scharnweber Superintendent Werner Stein Propst Karlheinz Stoll Propst Hans-Jürgen Wenn Bischof D.Dr. Hans-Otto Wölber Klaus Teske
Mit beratender Stimme: Horst Göldner, Präsident des Nordelbischen Kirchenamts Dr. Hou, Vorsitzender der Synodalkommission
1. Kirchenleitung (Wahl am 23. Juli 1977) Wolfgang Bauer Dr. Hans-Ruhi Christiansen-Weniger Herbert Dreßler Sieglinde Hoerschelmann Bischof Dr. Friedrich Hübner (Vorsitzender ab 1.1.1978 bis 19.6.1979) Dr. Henner Kinder Dr. Erich Leverkus (2. stellvertretender Vorsitzender) Dr. Hans-Uwe Paulsen Bischof Alfred Petersen (Vorsitzender bis 31.12.1977) Pastor Jens Pörksen Propst Werner Stein (Ruhestand zum 1.10.1978) Propst Karlheinz Stoll (ab 29.3.1979 als neuer Bischof für den Sprengel Schleswig, ab 19.6.1979 Vorsitzender) Bischof D.Dr. Hans-Otto Wölber Mit beratender Stimme: Horst Göldner, Präsident des Nordelbischen Kirchenamts Hans-Rolf Dräger, Präsident der Synode
2. Kirchenleitung (Wahl am 23. Februar 1980) Bischöfe kraft Amts Bischof Dr. Friedrich Hübner (bis 30.9.1981) Bischof Peter Krusche (ab 15.5.1983) Bischof Karlheinz Stoll (Vorsitzender) Bischof Dr. Ulrich Wilckens (ab 1.10.1981) Bischof Hans-Otto Wölber (bis 15.5.1983)
als Laien Dr. Hans-Ruhi Christiansen-Weniger Herbert Dreßler Ursula Gertz Sieglinde Hoerschelmann Dr. Henner Kinder Dr. Hans-Uwe Paulsen Dr. Rudolf Walser
als Theologen Propst Dr. Niels Hasselmann Propst Karl Ludwig Kohlwage Pastor Jens Pörksen
Mit beratender Stimme: Horst Göldner, Präsident des Nordelbischen Kirchenamts (bis 1984, dann Dr. Klaus Blaschke) Hans-Rolf Dräger, Präsident der Synode
3. Kirchenleitung (Wahl am 30. Januar 1986) Bischöfe kraft Amts Bischof Dr. Hans Christian Knuth (ab 7./8.10.1991) Bischof Karl Ludwig Kohlwage (Vorsitzender und Mitglied ab 7./8.10.1991) Bischof Peter Krusche (Vorsitzender und Mitglied 8./9.2.1988 - 19.1.1990) Bischof Karlheinz Stoll (Vorsitzender und Mitglied bis 19.1.1990) Bischof Dr. Ulrich Wilckens (Vorsitzender 30.1.1986 - 8./9.2.1988 und Mitglied bis 7./8.10.1991)
als Laien Wolfgang Bauer Dr. Hans-Ruhi Christiansen-Weniger Dr. Jürgen Faehling Ermina Freytag Marie-Luise Kriege Dr. Ursula Lindig Ilse-Maria Oppermann Nachrücker: Dr. Ingrid Seeler und Max-Friedrich Jensen
als Pastorinnen, Pastoren oder hauptamtliche Mitarbeiter/innen Pastorin Maria Jepsen Propst Karl Ludwig Kohlwage (ab 7./8.10.1991 als Bischof Mitglied kraft Amts) Propst Jens Pörksen
Mit beratender Stimme: Dr. Klaus Blaschke, Präsident des Nordelbischen Kirchenamts Hans-Rolf Dräger, Präsident der Synode
4. Kirchenleitung (Wahl am 31. Januar 1992) Bischöfe kraft Amts Bischöfin Maria Jepsen (ab 30.9.1992) Bischof Dr. Hans Christian Knuth Bischof Karl Ludwig Kohlwage (Vorsitzender) Bischof Peter Krusche (bis 1.8.1992)
als Laien Renate Billig Dr. Jürgen Faehling Heiko Hoffmann Dr. Kurt-Friedrich von Scheliha Barbara Schmodde Elsbeth Süßebecker Uwe Tams
als Pastorinnen, Pastoren oder hauptamtliche Mitarbeiter/innen Propst Dr. Niels Hasselmann Propst Helmer-Christoph Lehmann Karin Elisabeth Penno
Mit beratender Stimme: Dr. Klaus Blaschke, Präsident des Nordelbischen Kirchenamts Elisabeth Lingner, Präsidentin der Synode
5. Kirchenleitung (Wahl am 6. Februar 1998) Bischöfe kraft Amts Bischöfin Maria Jepsen (Vorsitzende ab 2./3.4.2001) Bischof Dr. Hans Christian Knuth Bischof Karl Ludwig Kohlwage (Vorsitzender und Mitglied bis 5./6.3.2001) Bischöfin Bäbel Warttenberg-Potter (ab 2./3.4.2001)
als Laien Dr. Friedrich August Bonde Dr. Jürgen Faehling Brigitte Hasselmann Ilse Morgenroth Margrit Semmler Ulrike Tyrell Eike Ines Wehling
als Pastorinnen, Pastoren oder hauptamtliche Mitarbeiter/innen Propst Sönke Pörksen Pastor Dr. Stephan Reimers (Nachrückerin: Karin Elisabeth Penno) Werner Wieprecht
Mit beratender Stimme: Dr. Klaus Blaschke, Präsident des Nordelbischen Kirchenamts (bis 2002, dann Dr. Frauke Hansen-Dix) Elisabeth Lingner, Präsidentin der Synode
6. Kirchenleitung (Wahl am 6. Februar 2004) Bischöfe kraft Amts Bischöfin Maria Jepsen Bischof Dr. Hans Christian Knuth (Vorsitzender) Bischöfin Bärbel Warttenberg-Potter
als Laien Dr. Friedrich August Bonde Rüdiger von der Goltz Elisabeth Lingner Christina Reiland (Nachrückerin Merle Fromberg-Beeck) Bernd Rickert Joachim Schiemann Margrit Semmler
als Pastorinnen, Pastoren oder Mitarbeiter/innen Annette Pawelitzki Pastorin Annegrethe Stoltenberg Propst Gerhard Ulrich
Mit beratender Stimme: Dr. Frauke Hansen-Dix, Präsidentin des Nordelbischen Kirchenamts Hans Peter Strenge, Präsident der Synode
Die Kirchenleitung der Nordelbischen Kirche wurde mit dem Einsetzen der Vorläufigen Kirchenleitung der Nordkirche im Jahr 2012 aufgelöst. |