Die Arbeit des Sozialpfarramtes Lübeck war bis zum Jahre 1965 an die Aufgaben des Jugendpfarramtes gekoppelt, als dessen Leiter seit dem Sommer 1953 Pastor Georg Heinrich Schmidt fungierte. Am 01. März 1965 wurde Schmidt zum ersten Sozialpastor des nun selbständig gewordenen Sozialpfarramtes ernannt, da die Aufgabenfelder für eine gemeinsame Wahrnehmung der beiden Tätigkeitsbereiche zu umfangreich geworden waren. Darüber hinaus wurde das Sozialpfarramt personell mit einem Sozialsekretär, einer Sekretärin und einem Betreuer für die vermehrt in Lübeck tätigen griechischen Gastarbeiter besetzt.
Seine Aufgaben sah das Sozialpfarramt insbesondere in den Bereichen der Industrie, der Organisationen, Verbände und Verwaltungen. Hierbei erstreckten sich die Arbeitsgebiete vor allem auf die Durchführung von Gesprächen, Sozialgesprächen und Einzelbesuchen sowie auf die Vorbereitung und das Ausrichten von Fabrikbesichtigungen und Tagungen. Letztere fanden vor allem in der evangelischen Akademie Schleswig-Holstein statt, und wurden von Pastor Schmidt aufgrund seiner Funktion als nebenamtlicher Studienleiter in wesentlichen Zügen geprägt. In all diesen Arbeitsgebieten standen die Themen Bildung, Menschenführung, Wohlstandsprobleme und allgemeine Probleme des Menschen in der Arbeitswelt sowie die Beschäftigung mit theologischen Fragen der Gegenwart im Mittelpunkt des Interesses. Im letzteren Bereich bezog sich das Hauptaugenmerk insbesondere auf die Krise des modernen säkularen Menschen, auf die Probleme der Mitmenschlichkeit ohne Bindung an Gott, auf die Mündigkeit des Menschen und auf die Frage nach der Glaubwürdigkeit von Gottes Wort. Diese theologischen Themen bildeten einen wesentlichen Bestandteil der durchgeführten Sozialgespräche, Sozialtagungen und Seminare, die aber auch von allgemeinen sachlichen Schwerpunkten wie gesellschaftlichen Problemen und der Bildung von Eigentum sowie Schwierigkeiten der Entwicklungshilfe und der Problematik der Friedensforschung dominiert waren. In enger Kooperation mit anderen Sozialpfarrämtern im norddeutschen Raum wurde auf diese Weise durch die Arbeit des Lübecker Sozialpfarramtes besonders die Zusammenarbeit mit der Deutschen Bundesbahn, der Bundespost, der Kriminalpolizei und Lübecker Handwerksbetrieben intensiviert. Unterstützt wurde das Sozialpfarramt in diesen Tätigkeitsbereichen insbesondere vom Sozialbeirat, der sich vorwiegend mit der innerkirchlichen Verankerung der Sozialarbeit im Hinblick auf Finanz-, Struktur- und Organisationsfragen beschäftigte.
Ein besonderes Element des Wirkens des Sozialpfarramtes war die Betreuung der in Lübeck lebenden und arbeitenden griechischen Gastarbeiter, deren Aufenthalt die Entstehung einer griechisch-orthodoxen Gemeinde in der Stadt zur Folge hatte. Hierbei wurde vor allem Arbeit im kulturellen Bereich geleistet, häufig auch unter Mitwirkung des Arbeitsamtes, der Betriebe und Gewerkschaften sowie der Stadtverwaltung.
Zentrale Bedeutung kam vor allem auch der Zusammenarbeit mit der Kirchengemeinde St. Johannes in Lübeck-Kücknitz / Herrenwyk zu. Im Jahre 1968 wurde ein Vertrag zwischen dieser in besonderer Weise von der Groß- und Schwerindustrie geprägten Kirchengemeinde und dem Sozialpfarramt geschlossen, da die Kirche ihren Dienst in der Industriegesellschaft nur durch die Zusammenarbeit der von ihr geschaffenen Organe im gemeindlichen und übergemeindlichen Bereich als erfüllbar ansah. Pastor Schmidt erhielt als Ergebnis dieses Vertrages einen Predigtauftrag für die St. Johannes-Gemeinde, die von nun an einen der Schwerpunkte der Arbeit des Sozialpfarramtes bilden sollte.
Von 1971-1973 war Pastor Schmidt auch Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft der Sozial-, Industrie- und Arbeiterpfarrer Deutschlands (ASIA). Darüber hinaus übernahm er auch den Vorsitz des Ausschusses für Akademie- und Sozialarbeit in Nordelbien. Die Bedeutung des Sozialpfarramtes Lübeck wird auch durch die Tatsache gespiegelt, dass im Wesentlichen auf Lübecker Initiative hin die Bildung einer Arbeitsgemeinschaft der nordelbischen kirchlichen Dienste und Werke erfolgte.
Im Zuge der Ausbildung der Nordelbischen Kirche wurde die Sozial-, Industrie- und Männerarbeit 1972 durch eine neue Ordnung auf eine andere Grundlage gestellt. Hierbei wurden einerseits die gesellschaftliche Ausrichtung der Sozial- und Industriearbeit und andererseits die ortsgemeindliche Ausrichtung der Männerarbeit betont, wobei auf allen drei Arbeitsfeldern gemeinsam die Konfliktbereiche innerhalb der Industriegesellschaft aufgesucht werden sollten. Als weitere Aufgaben wurde die Schaffung und die Aufrechterhaltung einer ständigen Verbindung zu gesellschaftlichen und sozialen Gruppen sowie zu Einrichtungen und Verbänden definiert, wobei vor allem die Verpflichtung zur Zusammenarbeit mit den anderen, insbesondere den gesellschaftlichen, Diensten der Kirche betont wurde. |